Das Thema Gendern gewinnt in diversen Lebensbereichen verstärkt an Relevanz und eine gendergerechte Sprache setzt sich – obwohl sie auch zahlreiche Gegner:innen hat – immer weiter durch. Ob gesetzlich vorgegeben, wie beispielsweise in Stellenanzeigen, oder als Teil einer inklusiven Unternehmensstrategie finden sich immer häufiger verschiedenste Formen des Genderns. Da ist es nur sinnvoll, sich auch in Bezug auf Suchmaschinen-Optimierung (SEO) mit dem Thema Gendern auf Websites zu beschäftigen. Ob mit Gendersternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich: Hier stellt sich die Frage, inwiefern verschiedene Schreibweisen von Suchmaschinen verarbeitet werden. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wie sich Gendern und SEO vereinen lassen und was es dabei zu beachten gibt.
Anders als in der englischen Sprache, bei der sich Substantive nicht in einer weiblichen und männlichen Form unterscheiden, ist Deutsch per se eine sehr binäre Sprache. Im Sprachgebrauch war bisher überwiegend das sogenannte "generische Maskulinum" verbreitet – das bedeutet, es wird zwar die männliche Variante benutzt, es sind damit aber auch nicht-männliche Personen gemeint. In der Praxis wird das so aber in der Regel nicht verstanden und die meisten Menschen stellen sich darunter nur männliche Personen vor.
Gesetzlich ist inzwischen auch das dritte Geschlecht verankert – in der Sprache wird dies aber oft nicht repräsentiert. Wie eine Substantivform dafür aussehen kann, ist noch nicht definiert. Je nach Form des Genderns werden Personen, die sich nicht als weiblich oder männlich identifizieren, teils mit angesprochen, teils aber auch nicht.
Ziel der gendergerechten Sprache ist es, sich so auszudrücken, dass alle Geschlechter inkludiert werden. Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Varianten zur genderneutralen Formulierung gebildet, auch wenn es bislang keine einheitliche Vorgabe gibt.
Bevor wir zum Thema Gendern und SEO übergehen, verschaffen wir Ihnen zunächst einen Überblick, welche Gender-Möglichkeiten es in der deutschen Sprache aktuell eigentlich gibt. Unterschieden wird im Wesentlichen zwischen Schreibweisen, die Männer und Frauen ansprechen und zwischen Schreibweisen, die inklusiv alle Geschlechter ansprechen. Die gängigen Formen der gendergerechten Sprache und passende Beispiele haben wir hier zusammengefasst:
Formen, die Männer und Frauen ansprechen | Formen, die inklusiv alle Gender ansprechen |
Binnen-I: GärtnerIn | Doppelpunkt: Gärtner:in |
Schrägstrich: Gärtner/in | Unterstrich: Gärtner_in |
Paarform: Gärtner und Gärtnerin | Gendersternchen: Gärtner*in |
Abwechseln der weiblichen und männlichen Form | Genderneutrale Bezeichnung, z. B. Gartenarbeitskraft |
Aus SEO-Sicht stellt sich nun die Frage, ob die gendergerechte Sprache einen Nachteil für die Auffindbarkeit durch eine Suchmaschine darstellt. Fakt ist, dass die meisten Menschen nach wie vor für ihre Suchen das generische Maskulinum verwenden und diese Begriffe somit ein zum Teil signifikant höheres Suchvolumen haben (Beispiel: Gärtner – Suchvolumen 14.600; Gärtnerin – Suchvolumen 950; Quelle KWFinder).
Ob auf der SERP bei der Suche nach dem generischen Maskulinum Männer bevorzugt werden, ist stark vom Suchbegriff abhängig. So ist die SERP für den Suchbegriff „Arzt“ in großen Städten beispielsweise gemischt und es werden sowohl Ärztinnen als auch Ärzte repräsentiert.
Dahingegen werden bei der Suchanfrage „rechtsanwalt köln“ nur die Ergebnisse für Rechtsanwälte oder entsprechende Suchportale ausgespielt.
Wie sich die Situation hier darstellt, muss für jedes Keyword individuell mit Rücksicht auf die Suchintention der Zielgruppe individuell getestet werden.
In der folgenden Tabelle haben wir die Genderschreibweisen auf ihre Inklusivität und Rankingwahrscheinlichkeit überprüft. Wir haben dazu wieder unser Beispiel-Keyword „Gärtner“ genutzt. Die Tabelle hält einerseits fest, welche Gender (m/w/d) auf der SERP repräsentiert sind, wenn die Suchanfrage in der entsprechend aufgeführten Gender-Form gestellt wird. Zudem wird noch einmal aufgeführt, wie inklusiv die verschiedenen Schreibweisen sind. Jedoch ist zu beachten, dass die SERPs hier keinen exklusiven Anspruch auf Richtigkeit liefern, sondern nur am Beispiel einer Berufsbezeichnung veranschaulicht wurden, die zudem ganz normalen Ranking-Fluktuationen unterliegt (Stand: 02.01.2022).
(✔)* nur eine weibliche Nennung in den Top 10
(✔)** die Repräsentation erfolgt durch das gesetzlich geforderte (m/w/d) in Stellenanzeigen
Google betont bei Anfragen zum Thema Gendern, dass sich die Algorithmen der Suchmaschine mit den Anfragen der Nutzer:innen und den ausgewerteten Inhalten von selbst weiterentwickeln. Das passiert allerdings nicht von jetzt auf gleich und es kann je nach Sprache länger dauern, bis der Algorithmus lernt.
Manuelle Anpassungen zur Auswertung gendergerechter Formulierungen hat es von Google aus bisher nicht gegeben und sind für z. B. die deutsche Sprache nach Aussagen von John Mueller (Google Mitarbeiter, Search Central Webmaster Hangouts 2021) auch erst sinnvoll, wenn sich eine der möglichen Schreibweisen sichtbar durchgesetzt hat. Die Suchmaschine sollte seinen Angaben nach allerdings in der Lage sein, gegenderte Schreibweisen als Synonyme des generischen Maskulinums zu erkennen. Unsere Erfahrung und auch die oben aufgeführte Tabelle zeigen jedoch, dass dies noch nicht immer zuverlässig der Fall ist.
Von Googles Seite wird keine Empfehlung bezüglich gegenderter Sprache ausgesprochen. Deswegen empfehlen wir Ihnen, sich als Website-Betreiber:innen am besten nach der Erwartungshaltung Ihrer Nutzer:innen zu richten (Website Boosting, Ask Google 2022).
Wenn es um verschiedene Gender-Formen und Schreibweisen geht, ist es wichtig, die Barrierefreiheit von Websites im Hinterkopf zu behalten. Idealerweise sollten alle Inhalte eines Webauftritts für jede:n Nutzer:in problemlos zugänglich sein, unabhängig von persönlichen oder technischen Barrieren.
Gegenderte Sprache kann allerdings gerade für Menschen mit Sehbehinderungen ein Hindernis darstellen, z. B. durch Sonderzeichen bei der Darstellung in Blindenschrift oder bei der Ausgabe durch Screenreader. Auch für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder einer Lernbehinderung ist genderneutrale Sprache mit Sonderzeichen mitunter herausfordernd. Für diese Tatsache gibt es leider noch keine ideale Lösung.
Dennoch spricht sich beispielsweise der BDSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V.) nicht per se gegen gendergerechte Sprache aus, sondern wünscht sich einen Konsens über die verwendete Version.
„Falls jedoch mit Kurzformen gegendert werden soll, empfiehlt der DBSV, das Sternchen zu verwenden, weil es laut Veröffentlichungen des Deutschen Rechtschreibrates die am häufigsten verwendete Kurzform ist und so dem Wunsch nach einem Konsenszeichen am nächsten kommt.“ (Quelle: DBSV)
Zum gleichen Entschluss kommt die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik und empfiehlt auf der Grundlage einer durchgeführten überregionalen Studie das Verwenden des Gendersternchens.